zaterdag 15 juni 2019

Kindheit in Ostpreußen (Marion Gräfin Dönhoff)


In dit boekje (klein van formaat, maar toch 220 bladzijden), uitgegeven bij Im Siedler Verlag in 1988 (en daar vervolgens veelvuldig herdrukt), gaat Marion Dönhoff - voluit Marion Hedda Ilse Dönhoff, in beide gevallen eigenlijk te vervolledigen met haar titel (Gräfin) vóór de familienaam - op zoek naar haar kindertijd. Daarbij neemt de intussen al 18 jaar overleden auteur je mee naar een gebied dat niet meer bestaat, noch in ruimte, noch in tijd.

De vader van de gravin was August Karl Dönhoff (uiteraard óók graaf, gezien het hier niet gaat om het soort "adel" dat door, bijvoorbeeld, de belgische koninklijke familie ieder jaar gemaakt wordt), diplomaat en politicus. Haar moeder was Maria von Lepel, hofdame van de laatste Duitse keizerin Augusta Victoria. Zelf werd ze geboren op het familiegoed Schloss Friedrichstein, ten oosten van Koningsbergen (tegenwoordig Kalinigrad) in Oost-Pruisen.

Marion Dönhoff studeerde in de jaren 1930 economische wetenschappen in Frankfurt, kwam daar in verzet tegen de opkomende nazi's, en zette haar studies vanaf 1933 verder in het Zwitserse Bazel. In 1938 nam ze de leiding op zich van het tweede familielandgoed Quittainen en tijdens de Tweede Wereldoorlog stond ze in nauw contact met de zogenaamde Kreisauer Kreis, een groep van conservatieve intellectuelen die samenzwoer tegen Hitler. Zij was minstens zijdelings betrokken bij de Stauffenberg-coup van juli 1944.

Duitsland ging helaas mét Hitler ten onder en eind januari 1945 moest Marion Dönhoff net zoals vele miljoenen anderen Oost-Pruisen verlaten toen de Sovjets het gebied bezetten. Ze reisde te paard in zes weken vanuit Quittainen naar het westen (voor wie een indruk wil krijgen van wat die "verhuis" in de praktijk betekende, verwijs ik graag naar het schitterende Die Flucht, een tv-film uit 2007, die over die exodus uit Oost-Pruisen handelt) en vestigde zich uiteindelijk in Hamburg, waar ze in 1946 begon te schrijven voor het liberale Die Zeit.

Aanvankelijk steunde ze Adenauer, maar ze gaf al relatief vroeg te kennen dat diens eis om de verloren gebieden terug te krijgen moest begraven worden. Dit werd haar, terecht, door vele andere Vertriebenen niet in dank afgenomen en het heeft haar merkwaardig genoeg ook nooit belet veel aandacht te besteden aan het gebied. Zo ook dus in dit boek, waarin ze het bovendien heeft over een "systeem", een manier van leven dat toen is opgehouden te bestaan: de adel zoals die tot op dat moment nog bestond in Oost-Pruisen, maar bijvoorbeeld ook in Hongarije. Dat ze dat zo goed gekund heeft, zal ongetwijfeld mee te danken zijn aan professor Edgar Salin, die haar tijdens haar studies in Bazel kon overhalen niet te promoveren op - godbetert - Karl Marx, maar op de economische geschiedenis van het landgoed waarop ze opgroeide, waardoor minstens een aantal zaken van het in 1945 voor de rest "verloren gegane" Friedrichsteiner archief bewaard bleef.

Maar ik geef graag het woord aan Marion Dönhoff om u duidelijk te maken waarover dit boekje gaat (en ook wel om te tonen welk mooi en makkelijk verstaanbaar Duits ze wel schreef):

"Meine vier ältesten Geschwister - zwei Brüder und zwei Schwestern - waren acht bis zehn Jahre älter als ich. Mein ältester Bruder hatte als siebzehnjährigen Freiwilliger noch einen Teil des Ersten Weltkrieges mitgemacht. Von den drei jüngeren war ich die jüngste: vor mir ein drei Jahre älterer Bruder, Christoph, sowie eine kranke Schwester, für die es eine eigene Pflegerin gab.

Meine eigene Erinnerung an den Ersten Weltkrieg beschränkt sich auf einen Besuch Hindenburgs [de veldmaarschalk, inderdaad, noot van mij], der 1916 eine Woche Urlaub in Friedrichstein machte. Als die Russen zu Beginn des Krieges, gleich im August 1914, in Ostpreußen eingefallen waren, hatte man uns Kinder zur Schwester meiner Mutter geschickt, die in Sachsen mit einem Herrn von Helldorff verheiratet war. Wir wurden erst zurückgeholt, nachdem Hindenburg in der Schlacht bei Tannenberg die Russen wieder aus Ostpreußen vertrieben hatte.

Diese Schlacht wurde sehr rasch zu einem Mythos; es hieß, die russische Offensive sei in den masurischen Sümpfen steckengeblieben - ich sah die Russen festgewurzelt im Moor stehen, und natürlich taten sie mir sehr leid. Der Heros der Schlacht war der von vielen Legenden umrankte siegreiche Feldherr General von Hindenburg.

Als er nach Friedrichstein kam, war ich recht enttäuscht, daß er so gar nicht dem Bild entsprach, das ich mir von ihm gemacht hatte. Er war groß und schwer, ging ziemlich steif mit merkwürdig kurzen Schritten und glich mit seinem Schnurrbart eher einem Nußknacker, wie ich ihn einmal in einem Bilderbuch gesehen hatte, als jenem göttergleichen Helden meiner Vorstellung. Hindenburg hatte 1911 seinen Abschied genommen, und man erzählte, er sei im August 1914 - siebenundsechzigjährig - so überraschen wieder geholt worden, daß er nicht einmal eine feldgraue Uniform hatte, sondern in einer Art Litevka in Ostpreußen angereist kam.

Tannenberg war offenbar die einzige Kesselschlacht des Ersten Weltkrieges; damals wurden neunzigtausend Gefangene gemacht. Es muß in der Tat eine geniale Leistung gewesen sein; von den acht vorhandenen deutschen Armeen waren nämlich sieben sogleich im Westen eingesetzt worden, so daß für Ostpreußen nur eine einzige Armee zur Verfügung stand, die den vielfach überlegenen russischen Heerscharen standhalten mußte."
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"Sein Schicksal [dat van Joachim, een van de vijf kinderen van vorst Lieven, wiens gezin in 1918 een jaar op Friedrichtstein verbleef, noot van mij] war übrigens besonders tragisch. Als ich während des Zweiten Weltkrieges die Verwaltung der Güter führte, war es mir gelungen, ihn immer wieder von Militärdienst freistellen zu lassen, weil die Behörde einsah, daß er als einzige männliche Hilfskraft - meine Brüder befanden sich im Krieg - unentbehrlich war. Aber im letzten Kriegsjahr stach auch dieses Argument nicht mehr: Er wurde eingezogen und, ohne daß man Widerspruch geltend machen konnte, ausgerechnet einer Waffen-SS-Einheit zugeteilt. Für den ferventen Anti-Nazi ein schwerer Schicksalsschlag. Sein letzter Brief kam im Januar 1945 aus der Nähe von Kolmar; dann hat man nie wieder etwas von ihm gehört."
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"Meine Mutter war sich ihrer Stellung sehr bewußt, das kam auf zweierlei Weise zum Ausdruck. Ihre Richtschnur war, was 'man' tut, und noch wichtiger, was 'man' nicht tut. Hierin war sie unbeirrbar und unbeugsam. Die Auskunft, der Einwand, die Feststellung 'Das tut man nicht' war ein absolutes Verdikt, damit war jede Argumentation am Ende, danach gab es nichts mehr. Und was man tut oder nicht tut, das waren die Spielregeln der Gesellschaft - präziser gesagt, einer privilegierten Kaste -, die sich in langen Generationen herausgebildet hatten. Denn natürlich verlangten Privilegien auch eine Gegenleistung, ein ganz bestimmtes Verhalten. Wer dem nicht entsprach, wer sich daran nicht hielt, wurde automatisch aus der Gesellschaft ausgestoßen oder 'nach Amerika geschickt', wo er allen Beteiligten aus den Augen war.

Konvention, der Begriff, den eine spätere Generation mit so großer Heftigkeit bekämfpt hat - konventionell ist ja zum Inbegriff alles Hohlen, Äuserliche, Sinnlosen geworden -, war für meine Mutter und ihre Zeit etwas sehr Maßgebliches. Mir schien, daß zwar die Form im Sinn von Stil sehr wichtig ist, nicht aber die Konvention; gegen sie entwickelte sich auch bei mir sehr früh Widerspruch. Schätzen lernt man sie erst, wenn man gesehen hat, wie haltlos die Menschen ohne Konvention sind.

Im Zentrum jener Spielregeln stand die Ehre als ein aus ritterlichen Zeiten überkommenes Erbstück. Für die Ehre, dem König zu dienen, den Ahnen gerecht zu werden, das Vaterland zu schützen, dafür wurde vieles andere aufgegeben. Die Ehre war gewissermaßen die Komplementärgröße zu den Privilegien. Umsonst gibt es eben nichts, in keinem System.

Die Ehre verlangte absolute Loyalität gegenüber dem König und den bestehenden Wertvorstellungen. Dienst am Herrscher war damit zugleich auch Dienst am eigenen Interesse, denn auf solche Weise wurde für die Kontinuität der bestehenden Herrschaftsstrukturen gesorgt - obgleich die meisten sich über diesen Zusammenhang wahrscheinlich gar nicht im klaren waren. Bei der landangesessenen Aristokratie war es auch die Identität von Eigentum und Herrschaftsverhältnissen, die das Bündnis von Thron und Adel sicherte, das noch verstärkt wurde durch die Rolle, die der Adel in der Verwaltung spielte, vom Minister bis hinunter zum Landrat.

Die Spielregeln waren - auch dies ist wichtig - ein Schutzschild gegen allerlei Anfechtungen, sozuzagen ein Sicherheitsgeländer, an dem man sich entlanghangeln konnte.

Was gegen die Ehre war, konnte nicht stattfinden, beispielsweise waren Ehescheidungen für Offiziere und hohe beamte absolut indiskutabel und zogen den Verlust der Stellung nach sich. Schulden machen war fast ebenso schlimm; ein Leutnant, der mit Spielschulden zusammenbrach, meinte, sich erschießen zu müssen. Oft tat er dies auch. Daß schon Schiller in 'Kabale und Liebe' und Goethe in 'Werthers Leiden' diese Art Wertordnung in Zweifel gezogen hatten, änderte nichts an deren Realität. Denn auch in ihrem Endstadium war diese Ordnung noch immer eine in sich ruhende, nach außen wasserdicht abgeschlossene Welt, die sich der Gültichkeit ihrer Maßstäbe sicher wähnte. Was die Dichter dichteten, das war eben Literatur und hatte mit der Wirklichtkeit nichts zu tun.

Die landangesessene Aristokratie erhob ja im allgemeinen auch keinerlei Anspruch, zu der Welt der Dichter oder Intellektuellen zu gehörn. Im Gegenteil, sie machte durchaus deutlich, daß dies nicht ihre Sache sei - teils aus Hochmut, teils aus dem Wunsch heraus, nicht bei falschen Prätentionen ertappt zu werden. Einer aus diesem Kreise hatte eines Tages einen Artikel geschrieben - allein dies schon ein leicht anrüchiges Unterfangen -, dann aber hatte er diesem auch noch den Titel gegeben Ex Oriente Lux. Seitdem hieß er nur 'der Orientlux'.

Vielleicht kann man sagen, daß damals die Ehre etwa die Rolle spielte, die heute das Geld einnimmt. Sie war des Güter höchstes, und weil das Geld nicht so wichtig erschien wie heute, gab es auch die jetzt allenthalben üblichen Korruptionsaffären nicht.

Natürlich gab es, ungeachtet des 'Geländers', auch damals Affären. Aber sie hatten eher mit geheimen Liebschaften und mit Ehebruch zu tun als mit Geld. In solchen Fällen war das wichtigste, dafür zu sorgen, daß die Verfehlung nicht außerhalb der eigenen Schicht bekannt wurde. Ich erinnere mich der gelegentlichen Warnung: 'Pas devant les domestiques - nicht vor den Dienstboten', wenn bei Tisch irgendeine Klatscherei zur Sprache kam."
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"Nichts wurde gekauft, alles selber produziert, Eier, Gemüse, Obst. Konsumiert wurde alles zu seiner Zeit, also immer dann, wenn die Zeit für das jeweilige Obst oder Gemüse gekommen war.

So wurde eben wochenlang erst Spinat gegessen, dann kamen Erbsen dran, bis sie zu Kanonenkugeln herangereift waren; danach gab es Mohrrüben. Alles wurde überdies eingemacht oder in anderer Weise für den Winter präpariert: Mohrrüben in Sand eingegraben, Gurken in Steintöpfe eingelegt und der daraufgesetzte Holzdeckel mit einem Stein beschwert. Auch Fleisch wurde nie gekauft. Im Herbst und Winter gab es Wild, natürlich das ganze Jahr über Hammel- oder Kalbfleisch und alles, was der Hühnerhof zu bieten hatte."
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"Aus jenen Jahren ist mir ein Erntefest in Quittainen, einer Stiftung, die meiner Familie gehörte, in besonderer Erinnerung. Mein Bruder hatte seine obligate Rede gehalten, und wie üblich sollte nun der Kämmerer antworten. Da trat überraschend der Vorarbeiter Marx [voor de duidelijkheid: niet dé Marx, noot van mij] vor und sagtenur einen Satz, der sich mir unauslöschlich eingeprägt hat: 'Herr Graf, wenn wieder wo noch einmal einer 'Kraft durch Freude' machen muß, dann bitte nicht ich. Kraft durch Freude war eine Erfindung der Nazis, die damit ihre Volksverbundenheit und ihr soziales Engagement unter Beweis stellen wollten: Ausgesuchte, verdiente Leute wurden von der Partei für vierzehn Tage nach Mallorca eingeladen.

Oberinspektor Klatt hatte lange überlegt, wem diese Auszeichnung zufallen sollte und sich schließlich für Marx, den besten und zuverlässigsten Mitarbeiter, entschieden, obgleich er ihn nur schwer entbehren konnte. Nach jenem vernichtenden Resümee des Bevorzugten meinte Klatt: 'Der Marx hat ganz recht, nächstes Jahr schicken wir den Schwarz, der taugt sowieso nicht."
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"Deren Mutter [de vrouw van Graf Siegfried Lehndorffs, noot van mij] war übrigens eine Tochter des erzkonservativen Herrn von Oldenburg-Januschau, der politisch und auch als Nachbar Hindenburgs eine gewisse Rolle gespielt hat. Mein vater schätzte ihn gar nicht, er war ihm zu reaktionär, aber die Leute amüsierten sich sehr über die junkerlichen, oft deftigen Bonmots, die von ihm kursierten: 'Die Krippen sind immer dieselben, nur das Rindvieh, das draus frißt, das wechselt', sagte er im Hinblick auf die Wahlen zum Reichstag."
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"Jede Revolution beginnt mit dem Versprechen, die soziale Ungerechtigkeit der bestehenden Herrschaftsstruktur zu beseitigen und Freiheit an die Stelle von Unfreiheit zu setzen. Meist aber dauert es nicht lang, bis andere Formen von Ungerechtigkeiten etabliert werden und an die Stelle der alten Unfreiheiten neue treten. Ist das Netz neuer Gesetze, Verordnungen, Tabus und Gebräuche fertig geknüpft, beginnen die Menschen sofort, nach Löchern zu suchen - und sie finden sie auch."

En met dat laatste citaat van Marion Gräfin Dönhoff beëindig ik graag deze boekbespreking.

Björn Roose

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